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KUNST LESEN: Tine Rahel Völcker – Chantal Akermans Verschwinden. Les Rendez-vous de Tarnów
11 Mrz 2022———11 Mrz 2022

KUNST LESEN – So lautet der Titel eines gemeinsamen Literaturformats von Kunstmuseum Bochum und Literaturbüro Ruhr, das mit Unterstützung der Kunststiftung NRW auf die Beine gestellt wird. Die Veranstaltung im März steht in engem Bezug zur aktuellen Ausstellung „Warum ist nicht alles schon verschwunden?“, die auch Arbeiten von Chantal Akerman zeigt:

Chantal Akerman war wohl eine der herausragenden Filmemacherinnen ihrer Zeit. Nicht zuletzt, weil sie als Frau den Kamerablick radikal veränderte und weil sie als Tochter polnisch-jüdischer Emigranten in den westlichen Metropolen keine Heimat, sondern ein permanentes Provisorium sah. Ihr Debüt Film Saute ma ville(1968) (Flieg hoch, meine Stadt) ist in der Ausstellung „Warum ist nicht alles schon verschwunden?“ des Kunstmuseums zu sehen und dient als idealer Einstieg in ihr Werk. Mit gerade 18 Jahren zeigt sich Akerman selber in der Küche ihrer Eltern. Zwischen Freude und Wahnsinn geht sie alltäglichen Rituale des Lebens, wie Putzen und Kochen bis zum Exzess nach, die schlussendlich in einer Explosion enden. Auch ihr Film La chambre (1972) (Das Zimmer) ist Teil der Ausstellung und verkörpert ihren unverklärten Blick als Filmemacherin. Ihr Zimmer wird dabei in einem Rundumblick gezeigt, wobei sie selbst mit provozierenden Blick in die Kamera auf dem Bett liegt und damit Teil der Aufnahme wird. Die beiden Frühwerke stehen paradigmatisch für ihre persönliche Auseinandersetzung mit dem Medium Film, wobei sie sich gerne zwischen Dokumentation und Experiment bewegt.

Tickets gibt es HIER.

Die deutsche Autorin Tine Rahel Völcker reiste mit sechs Akerman-Filmen im Gepäck nach Tarnów, einer pittoresken Kleinstadt im Südosten Polens. Dort haben bei der letzten Wahl über 60 Prozent der Bevölkerung für rechte oder rechtsradikale Parteien gestimmt. 1942-43 wurde die komplette jüdische Bevölkerung, die Hälfte der Stadt, von den deutschen Besatzern ermordet. Hier wurde 1928 Chantal Akermans Mutter geboren. Der von dieser Reise inspirierte Roman Chantal Akermans Verschwinden. Les Rendez-vous de Tarnow(2020) folgt den Spuren der teilweise ausgelöschten Familie von Chantal Akerman.

Gestaltung : Hannes Drißner
Deutsch, 159 Seiten, 7 Abbildungen. Klebegebundene Broschur
Leipzig Mai, 2020
ISBN: 978-3-95905-295-5
18.00 EUR