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GEGEN DIE ANGST – Literatur in Europa heute Lesung und Gespräch
12 Nov 2016———12 Nov 2016

——————————Europa befindet sich momentan in schlechter Verfassung. Das Leben und die Politik in Europa werden zunehmend von Angst dominiert. Das Andere, Neue, Kommende wird als Bedrohung empfunden, nicht als Chance. Abschottung und Rückbesinnung auf das Eigene, Nationale gelten zunehmend wieder als probate politische Optionen. Was kann in dieser Situation Literatur bewirken? Darüber möchten wir mit der polnischen Autorin Olga Tokarczuk sprechen.
Seit dem Erscheinen ihres Prosaerstlings Reise der Buchmenschen im Jahre 1993 und dem 1996 herausgegebenen Roman Ur und andere Zeiten gehört Olga Tokarczuk (geb. 1962) zu den produktivsten, meistgelesenen, gefeierten und auch kontroversen polnischen Autoren der Nachwendegeneration. Sie unternimmt in ihren Romanen und Erzählungen immer wieder Grenzgänge in Zeit und Raum, erkundet z.B. die Welt des deutschen Bürgertums im Breslau der Vorkriegszeit, die schlesische Provinz des polnisch-tschechischen Grenzlands oder das polnisch-slawisch-jüdisch-osmanische Kulturgemisch in den südöstlichen Teilen der polnisch-litauischen Doppelmonarchie.
Tokarczuks Werk zeichnet sich durch eine große formelle Spannweite aus, sie schreibt Romane, Erzählungen, Essays, Kritiken und Feuilletons sowie Drehbücher. Ihre vielschichtigen und komplexen Romane, z.B. Taghaus, Nachthaus oder Unrast, werden sowohl von der Kritik als auch von einem breiten Publikum geschätzt, mit prominenten Literaturpreisen ausgezeichnet und erfreuen sich eines internationalen Erfolgs, auch in Deutschland.
Olga Tokarczuks Figuren sind meist unbehaust, rastlos, auf der Suche. Auch ihr Erzählstil ist fragmentarisch, ihre Romane bestehen oft aus kurzen Texten, Bruchstücken, aus denen der Leser ein Gesamtbild zusammenfügen muß.
Über ihr Schreiben hinaus ist Olga Tokarczuk eine engagierte Intellektuelle, die in polnischen Debatten dezidiert Stellung bezieht. Auch hier setzt sie sich für Offenheit ein, stellt das stereotype Bild der auf Patriotismus, ethnischer Homogenität und katholischem Glauben beruhenden Kultur infrage. Dafür wurde sie von der gegenwärtigen polnischen Regierung für die staatlichen Kulturinstitutionen zur Persona non grata erklärt. Der Abend ist nicht als typische Dichterlesung konzipiert, gleichwohl sollen die angesprochenen Themen durch kurze Auszüge aus Olga Tokarczuks Büchern, von der Schauspielerin Maria Wolf vorgetragen, veranschaulicht werden. Die Moderation übernimmt der namhafte Übersetzer aus dem Polnischen und Träger des Karl-Dedecius-Preises Bernhard Hartmann. Musikalische Begleitung: Arek Bleszynski (Gitarre) und Krzysztof Kozielski (Kontrabaß)

Der Eintritt zu der Lesung ist frei.